Eine freie Mietpreisfestsetzung in neu gebautem Wohnraum ist dem schwedischen Ministerpräsident Stefan Löfven und seiner Regierung zum Verhängnis geworden. Am Montag stimmte der Reichstag mit 181 zu 109 Stimmen für eine Absetzung des Ministerpräsidenten.

Nach der Abstimmung stimmte auch die Erste Kammer dem Misstrauensantrag gegen den Ministerpräsidenten zu. Moderate, Schwedendemokraten, Christdemokraten und Linkspartei stimmten gegen ihn.

Der Streit, der Löfvens Minderheitsregierung nun zu Fall brachte, entbrannte unter anderem rund um die Mietpreisfestsetzung. Die Marktmieten, also die freie Vereinbarung von Mieten durch Verhandlungen zwischen Vermietern und Mietern ohne staatliche Regulierungen, waren Gegenstand der sogenannten Januarübereinkunft, mit der im Januar 2019, vier Monate nach den letzten Parlamentswahlen, Sozialdemokraten, Grüne, Zentrumspartei und Liberale die Minderheitsregierung gebildet und sich die Unterstützung der Linkspartei gesichert hatten. In einem Untersuchungsbericht sollte analysiert werden, ob Marktmieten ein Modell für Schweden könnten.

Kompromissversuche gescheitert

Jetzt sind sie der Tropfen, die das Fass für die Linkspartei zum Überlaufen gebracht hat, nachdem der Untersuchungsbericht zu den Marktmieten veröffentlicht worden ist. Der Vorschlag hat zu einem tiefen Konflikt zwischen der Regierung und der Linkspartei geführt, und die Partei hatte bereits zuvor mit einem Misstrauensvotum gedroht, wenn der Vorschlag nicht vom Tisch käme.

Porträt des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven
Ministerpräsident Stefan Löfven. Bild: Kristian Pohl/Regeringskansliet

Auch ein am Sonntag von Annie Lööf (Zentrumspartei) und Stefan Löfven vorgeschlagener Kompromiss änderte nichts. Es gelang ihnen nicht, die Linkspartei davon zu überzeugen, im am Donnerstag von den Schwedendemokraten eingereichten Misstrauensvotum nicht gegen die Regierung zu stimmen. „Es tut mir leid, dass die Linkspartei diese Möglichkeit ausgeschlagen hat‟, sagte Stefan Löfven hinterher.

Nooshi Dadgostar von der Linkspartei hatte sich in Bezug auf „Punkt 44‟ nicht kompromissbereit gezeigt. „Die Regierung hat deutlich erklärt, dass sie beabsichtigen, den Vorschlag zur freien Mietpreisfestlegung bei Neubauten umzusetzen, also Marktmieten zuzulassen. Das wäre ein Systemumbruch in Schweden. Doch wenn Stefan Löfven und Annie Lööf Marktmieten zulassen wollen, wird dies nicht in meinem Namen oder dem der Linkspartei erfolgen‟, erklärte sie vor der Abstimmung am Montag. „Es ist sicher niemandem entgangen, dass wir die Partei sind, die die meisten Kompromisse eingegangen ist. Doch bei den Marktmieten haben wir einen Punkt erreicht, an die Regierung unser Vertrauen verloren hat. Wir haben etwas getan, was in der Politik ungewöhnlich ist: Wir haben zu unserem Wort gestanden.‟

Stefan Löfven muss nun die Koalitionsparteien zusammenbringen und entscheiden, wie es weitergehen soll. „Wir haben zwei Alternativen, und ich habe eine Woche, um zu begründen, für welche wir uns entscheiden und was für Schweden das Beste ist.„

Neuwahl oder erneute Regierungsbildung

Spätestens am 29. Juni muss der Ministerpräsident sich festlegen, ob er Neuwahlen ausrufen will, die innerhalb von drei Monaten erfolgen müssen, oder ob er glaubt, dass es zielführende Gespräche zur erneuten Regierungsbildung geben wird. „Ich möchte nur daran erinnern, dass dies nach der Wahl 2018 vier Monate gedauert hat‟, so Löfven.

Während der Pressekonferenz betonte Löfven außerdem, dass die Regierung nicht grundsätzlich für Marktmieten sei. „Doch in einer Regierung mit vier Parteien muss man Kompromisse eiingehen, alle müssen geben und nehmen.‟

Linkspartei gesprächsbereit

Nooshi Dadgostar von Vänsterpartiet reichte der Regierung bereits bei der Pressekonferenz am Montag symbolisch die Hand: „Wir sind offen für Gespräche, Verhandlungen und Lösungen, das waren wir immer. Wir möchten, dass Stefan Löfven als Staatsminister zurückkehrt – aber ohne Marktmieten. Wir reichen ihm die Hand. Stefan Löfven wird unsere Unterstützung brauchen, daher gehe ich davon aus, dass er sich bei uns melden wird.‟

Der Branchenverband Byggföretagen kommentierte am Montag die Regierungskrise. „Es ist symptomatisch, dass der Ministerpräsident über die Krise am Wohnungsmarkt stolpert. Die Wohnungspolitik ist eine fundamentale Frage für die Gesellschaft – und wurde von allen Parteien viel zu lange fragmentarisiert und ignoriert‟, so Tanja Rasmusson, wirtschaftspolitische Sprecherin von Byggföretagen.

Quelle: Byggvärlden

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