Ein neues Forschungsprojekt der EU soll genauere, standardisierte Informationen über Baumaterialien und ihre Eigenschaften bringen. Das Ziel: mehr Wiederverwertung in der Bauwirtschaft. Die Forschungsorganisation SINTEF leitet ein Teilprojekt auf Spitzbergen.
Neue Anforderungen an Energieeffizienz, Wiederverwertung, Flächennutzung und Funktion werden für einen Großteil des heutigen Gebäudebestands Maßnahmen verschiedener Art erforderlich machen. Gebäude müssen saniert, umgebaut oder erweitert werden. Viele davon werden auch abgerissen.
„In all diesen Fällen wünschen wir uns so viele Informationen wie möglich über die Geometrie und die Materialien eines Gebäudes, in einem Format, das alle nutzen können. Für neuere Gebäude gibt es solche Daten bereits, aber für einen Großteil des Bestands ist das nicht der Fall‟, so der Senior Consultant Sveinung Nesheim von SINTEF.
Die Herausforderung
Deshalb müssen effektive Methoden und Werkzeuge entwickelt werden, die dem Markt Zugang zu diesen Informationen liefern. Ist die Konstruktion exponiert, ist das nicht schwer, aber wenn die Materialien zugedeckt und einbetoniert werden, ist es eine Herausforderung.
„Im Rahmen des Horizon Europe-Projekts SUM4Re nehmen wir diese Herausforderung an. Wir werden Methoden entwickeln, um Materialdatenbanken für die gebaute Umwelt zu erstellen, indem wir Datenerfassung und maschinelles Lernen kombinieren, um sowohl sichtbare als auch versteckte Baumaterialien zu identifizieren‟, sagt Nesheim und fügt hinzu: „Wir werden den BIM-Standard verbessern, um den Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft zu begegnen. Dazu werden wir uns an offene Standards halten und die Interoperabilität mit kommerziellen Datenbanken sicherstellen.‟
Die Forscher werden auf bereits entwickelten europäischen Datenbanken aufbauen. Daten aus verschiedenen Quellen und Plattformen werden standardisiert und in digitale Material- und Produktpässe integriert, um sicherzustellen, dass der Markt Zugang zu rückverfolgbaren und zuverlässigen Informationen in Übereinstimmung mit dem EU-Rahmen hat. „Dies wird das Potenzial für Wiederverwendung und Umweltgewinne radikal erhöhen‟, so Nesheim.
Die Pilotprojekte
Insgesamt sind drei Pilotprojekte geplant: ein Bahnhof in Jolastokieta im Baskenland, eine städtische Umgestaltung in Den Haag und Wohngebäude in Longyearben auf Spitzbergen. Nesheim erläutert: „Die Projekte wurden ausgewählt, um methodische Herausforderungen aufzudecken, zum Beispiel wie man verborgene Elemente identifizieren und wie man recycelte Materialien mit besserer Qualität liefern kann. Auch sollen Wege entwickelt werden, wie man mit diesen Problemen umgehen kann.‟
500 arktische Gemeinden liegen in Gebieten, in denen der Rückgang des Permafrosts in den kommenden Jahrzehnten Eingriffe erfordern wird, damit sie bewohnbar bleiben. Überdies sind die logistischen Herausforderungen in Bezug auf Materialverfügbarkeit, Lieferungen sowie Arbeitskräfte und Ausrüstungskosten in der Arktis aus wirtschaftlicher Sicht wichtige Argumente für Kreislaufwirtschaft und Wiederverwendung.
SUM4Re wird nun die Gemeinden auf Spitzbergen dabei unterstützen, einen Rahmen für die Sammlung technischer Informationen über Gebäude zu entwickeln, die in Longyearbyen repariert, verlegt oder abgebaut werden müssen. Das Unternehmen Store Norske Boliger wird 36 Wohnungen (50-60 m²) in Elvegrenda wieder nutzbar machen, indem es neue Fundamente errichtet und sie in einen guten technischen Zustand versetzt.
„Die Gebäude in der Arktis bestehen hauptsächlich aus Holz, und Store Norske Boliger wird zukünftig möglicherweise viele ähnliche Projekte haben, bei denen das Gebäudefundament instabil wird und bei denen Informationen über die Materialien und den Zustand des Gebäudes sehr wichtig sein werden”, erklärt Nesheim, „das Projekt wird den Entscheidungsträgern wertvolles Wissen für Bauarbeiten im Permafrostgebiet hier und an anderen abgelegenen Orten liefern.‟
Quelle: AT.no