„Jernbaneverket hat nach Einschätzung des Gerichts ein wesentlichen Fehler begangen, das Angebot von Condotte nicht abzulehnen", schrieb das Tingsgericht Oslo in einem Urteil nach der Zuteilung des Follobahn-Vertrags im Dezember 2015.

Am 26. Mail 2015 schrieb die norwegische Eisenbahnbehörde Jernbaneverket den Bau der Eisenbahn von Ekebergåsen bis zum Hauptbahnhof Oslo (EPC Civil Oslo S) aus, als Teil der neuen Follobahn in südlicher Richtung bis nach Ski. Es gingen zwei Angebote ein: Das italienische Unternehmen Condotte bot die Durchführung des Projekts für 2,3 Mrd. NOK (ca. 250 Mio. EUR) an. Skanska bot 2,8 Mrd NOK (305 Mio. EUR).

Das Angebot von Condotte wurde von Jernbaneverket als das niedrigste und bessere bewertet, der Vertrag ging an das italienische Unternehmen. Skanska behauptete, das Angebot von Condotte hätte die absoluten Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen nicht erfüllt, und war der Ansicht, dass das Condottes Angebot hätte abgelehnt werden müssen. Das Unternehmen klagte gegen Jernbaneverket (heute Bane NOR) aufgrund des Verstoßes gegen die Beschaffungsvorschriften und forderte Entschädigung für die dadurch entstandenen Verluste.

Am 17. März fiel das Urteil: Bane NOR muss Skanska Norge AS rund 305 Mio NOK (ca. 33 Mio. EUR) zahlen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass das Angebot von Condotte eine wesentliche Soll-Anforderung bzgl. der Absicherung eines Felseinschnittes mit langen Stahlankern gegenüber einem Nachbarprojekt, das im gleichen Berg läuft, nicht erfüllt hat. Dabei handelte es sich um einen Drill&-Blast-Tunnelvortrieb, der ebenfalls von Condotte und nach einem speziellen Verfahren durchgeführt wurde, bei dem eine Verstärkung des Fels nicht länger erforderlich war. Condotte übertrug in seinem Angebot die Verantwortung für die Felsstabilisierung auf das den Tunnelvortrieb durchführende Unternehmen ‒ also auf sich selbst ‒ und verzichtete auf diesen Punkt in seinem Angebot, das damit billiger war als das von Skanska. Das Tingsgericht ist der Meinung: „Andere Anbieter hatten nicht die Option, diese Aufgabe auf den Drill&-Blast-Auftragnehmer zu übertragen.‟ Es handele sich um eine Wettbewerbsverzerrung, durch die das Angebot von Condotte als billigstes und bestes angesehen wurde.

Skanska jedoch war der Ansicht ‒ der sich das Tingsgericht anschloss ‒, das Angebot von Condotte hätte abgewiesen müssen, da es den Posten des Felseinschnitts mit Verankerungen nicht enthielt. Das Gericht schreibt: „Jernbaneverket hat nach Einschätzung des Gerichts ein wesentlichen Fehler begangen, das Angebot von Condotte nicht abzulehnen.‟

Quelle: Anlegg & Transport
Bild: Jernbaneverket/Vianova

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