Genau 1 Jahr ist es her, dass das Bauunternehmen E. Pihl & Søn Insolvenz anmeldete. Und während der Chefökonom des Branchenverbandes Dansk Byggeri der Meinung ist, das Ende des Unternehmens sei von übergeordneter Bedeutung für die dänische Bau- und Anlagenbaubranche, widerspricht ein Professor der Copenhagen Business School.

Vor einem Jahr ging ein Ruck durch die dänische Bau- und Anlagenbaubranche. Die Nachricht, dass der Baukonzern E. Pihl & Søn sein Geschäft einstellen musste, war für die meisten ein Schock. Aber inwieweit die Insolvenz von übergeordneter Bedeutung für die gesamte dänische Baubranche war, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.

„Wenn man übergeordnet auf die Insolvenz blickt, muss man feststellen, dass die Branche viel Flexibilität und Anpassungsbereitschaft gezeigt hat. Im Großen und Ganzen wurden alle Projekte weitergeführt, und die meisten Pihl-Mitarbeiter sind woanders untergekommen. Die Branche als Ganzes hat ihren Fokus auf das Ergebnis unterm Strich gelegt und agiert jetzt selektiver und aufmerksamer ‒ man schießt nicht mehr auf alles, was sich bewegt. Natürlich ist das eine Tendenz, die sich schrittweise während der Finanzkrise eingestellt hat, aber nach der Pihl-Insolvenz rückten diese Punkte wieder stärker in den Mittelpunkt‟, erklärt Bo Sandberg, Chefökonom bei Dansk Byggeri. „Natürlich hat so eine brutale Insolvenz auch negative Konsequenzen. Da kann man gar nicht vermeiden, dass andere betroffen sind. Viele Gelder sind nicht sicher, und im Fahrwasser von Pihl folgten auch noch andere Insolvenzen. Aber es ist wichtig zu bemerken, dass heute großere Anforderungen an Arbeitsgarantien gestellt werden und dass die dänische Bau- und Anlagenbaubranche weltweit den Halt verloren hat. Hier war Pihl das Flaggschiff, und es wird ein paar Jahre dauern, bis wir wieder an diesem Punkt sind.‟

Rentabilität immer im Fokus

Kristian Kreiner, Professor für Organisationstheorie an der Copenhagen Business School (CBS), ist jedoch nicht der Meinung, dass die Insolvenz einen Einfluss auf die Ergebnisorientierung und das Risikomanagement der Unternehmen hatte. „Ich denke, Rentabilität und Risikomanagement standen immer im Mittelpunkt. Die wenigsten gehen bewusst Risiken ein‟, betont er und betont, er glaube auch nicht daran, dass eine Insolvenz die Garantieleistungspraxis eines ganzen Landes erschüttern kann.

„Vielleicht wurden Garantieleistungen ein wenig unterschätzt. Ich glaube, hinter den Entscheidungen liegt ein höherer Grad der Professionalisierung. Es fällt mir schwer zu glauben, dass eine einzige Insolvenz die gesamte Praxis ändern kann.‟

Darauf erwidert Bo Sandberg: „Natürlich sollte man das Ganze nicht überinterpretieren, aber wir bekommen viele Rückmeldungen, dass die Garantieanforderungen als Folge der Pihl-Insolvenz verschärft wurden. Selbstverständlich ist das auch ein Phänomen der Finanzkrise, aber die Pihl-Insolvenz hat das Ganze nochmal vorangetrieben. Unsere Mitgliederbefragungen aus dem letzten Jahr haben gezeigt, dass die Anzahl der Unternehmen, die einen Auftrag ablehnen mussten, weil sie die Arbeitsgarantieleistung nicht stellen konnten, von 10 auf 12 Prozent gestiegen ist. Das ist das höchste Ergebnis seit Beginn dieser Untersuchungen.‟

Die Branche ist weiter

Doch darüber ist man sich einig: Die Insolvenz hat anderen Unternehmen Platz gemacht. „Für die Aufträge finden sich natürlich andere, die sie erfüllen können‟, so Kristian Kreiner, und er ergänzt: „Ich glaube nicht, dass die Pihl-Insolvenz große übergeordnete Effekte hatte. Aber man sollte natürlich die Konsequenzen für die einzelnen Bauunternehmen und die Bauherren nicht unterschätzen, die jetzt in Schwierigkeiten geraten sind, aber aus einer breiteren, gesellschaftlichen Perspektive können Unternehmen vergehen, während Institutionen weiterbestehen. Die Kultur selbst und die grundlegende Organisation wird dadurch nicht erschüttert. Sie lassen sich nur schwer ändern. Die Weise, in der der Sektor zusammenhängt, ist nicht von einem einzelnen Akteur abhängig.

Dass das Leben weitergeht, meint auch Bo Sandberg. „Des einen Tod ist des anderen Brot. Das ist nicht überraschend. Die Lücke, die Pihl im Markt hinterlassen hatte, wurde zum Teil durch dänische Akteure, zum Teil auch durch ausländische Unternehmen gefüllt.‟

Quelle: Licitationen.dk
Bild: Finn Årup Nielsen
 

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