In Norwegen vergeht im Durchschnitt fast drei Jahre zwischen der Idee für ein neues Wohngebäude und dem offiziellen Baubeginn – vor allem wegen langer Genehmigungsverfahren. Um diesen Prozess zu beschleunigen und die Bauaktivitäten zu steigern, haben Forschende der Hochschule OsloMet gemeinsam mit Stadtplanern von Asplan Viak neun konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet.

Hintergrund: Wohnraummangel und politische Ziele

Viele norwegische Kommunen kämpfen mit einem Mangel an Wohnraum. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 rund 130.000 neue Wohnungen zu schaffen. Doch jedes Bauvorhaben muss vorab durch ein kommunales Genehmigungsverfahren – ein Prozess, der durchschnittlich 890 Tage dauert. 2016 lag der Schnitt noch bei 577 Tagen.

Ein Forschungsprojekt des Instituts für Stadt- und Regionalforschung NIBR an der OsloMet hat untersucht, warum diese Verfahren so langwierig sind und wie sich der Ablauf effizienter gestalten ließe. Auffällig sei, so Forschungsleiterin Berit Irene Nordahl, dass ein großer Teil der Verzögerungen nicht in den Rathäusern, sondern bei den Projektentwicklern liege – etwa weil langwierige Gutachten nötig seien.

Oslo von oben. Foto: Nathan van de Graaf, Unsplash

Kritik an der heutigen Praxis

Ein zentrales Problem sehen die Forschenden in der Art und Weise, wie die Bearbeitungszeit aktuell erfasst wird. Jede Partei – Kommune oder Bauherr – wird einzeln befristet, ohne dass die Zeiträume sinnvoll miteinander verbunden werden. Dieses Pingpong-Prinzip führe laut Nordahl zu einem „Blame Game“, das die Zusammenarbeit erschwere.

Eine Alternative sei, die Planungsphasen als Ganzes zu messen – vom Projektstart bis zur ersten Entscheidung, dann bis zum endgültigen Beschluss. Auch die Anzahl der Pläne, die ohne wiederholte Rücksendung beschlossen werden, könne ein wertvoller Indikator für effiziente Verfahren sein.

Neun Empfehlungen im Überblick

  1. Neue Messmethoden: Phasenbezogene Erfassung der Bearbeitungsdauer statt isolierter Zeitfenster bei einzelnen Akteuren.
  2. Bessere Umsetzung gemeinsamer Planungen: Wo mehrere Grundstücke betroffen sind, sollte die Kommune auch Koordinierungsressourcen bereitstellen.
  3. Sicherstellung bestimmter Wohnungstypen: Die Plan- und Bauverordnung (§12.7) sollte geändert werden, um z. B. gemeinschaftsorientierte Wohnformen gezielter zu ermöglichen.
  4. Flexiblere Anforderungen in der Frühphase: Umfang und Tiefe der erforderlichen Unterlagen sollten sich stärker an der Komplexität des Vorhabens orientieren.
  5. Angemessene Detailtiefe: Eine klarere Abgrenzung zwischen Anforderungen der Planungs- und der Bauphase würde Verfahren straffen.
  6. Stärkere Rolle übergeordneter Behörden: Die norwegische Provinzverwaltung (Statsforvalteren) sollte stärker zur Abstimmung von Fachinteressen beitragen.
  7. Bessere Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis: Kommunen sollten als Entwicklungspartner, nicht nur als Kontrollinstanz auftreten.
  8. Machbarkeit frühzeitig klären: Wirtschaftliche Unsicherheiten sollten direkt zu Beginn der Projektentwicklung thematisiert werden.
  9. Aktualisierte Rahmenbedingungen: Neue Anforderungen müssen besser kommuniziert werden, laufende Prozesse sollten möglichst wenig gestört werden.

Transformationsprojekte besonders komplex

Insbesondere in größeren Städten wie Oslo betreffen viele Bauvorhaben sogenannte Transformationsprojekte – also Umnutzung oder Nachverdichtungen bestehender Bebauung. Diese seien komplexer und erforderten gemeinschaftliche Planungen, die bislang jedoch schlecht koordiniert würden. Wenn mehrere Grundstückseigentümer beteiligt sind, fehlten oft einheitliche Ziele und Zeitpläne.

Die Studie wurde vom Kommunal- und Regionalministerium in Auftrag gegeben. Die Hoffnung: schnellere Verfahren, mehr Wohnraum – und weniger Frust auf allen Seiten.

Quelle: tu.no

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