
Ein Jahr, nachdem der Beratungsvertrag für das Projekt Neuer Eisenbahntunnel durch Oslo ausgeschrieben wurde, beendet Bane NOR jetzt das Vergabeverfahren ohne Zuschlag. Damit verschiebt sich das Projekt auf unbestimmte Zeit.
Das Projekt „Neuer Eisenbahntunnel durch Oslo‟ ist das größte Projekt im Portfolio von Bane NOR, und allein der Beratungsvertrag, der letzten März ausgeschrieben wurde, hat einen geschätzten Wert von 300-450 Mio. NOK (30-45 Mio. EUR) inkl. Optionen.
Am Montag beendete die Bauherrin jedoch das Vergabeverfahren rund um den technischen Hauptplan und Bauleitplan mit Verträglichkeitsprüfung für ein neues Doppelgleis im Tunnel vom Hauptbahnhof Oslo bis nach Lysaker.
„Das ist eine wirklich bedauernswerte Situation sowohl für Bane NOR als auch für die Branche, die viel Zeit und Energie in das Vergabeverfahren gesteckt hat‟, äußerte sich der Konzernleiter von Bane NOR Gorm Firmannslund bestürzt.
Unsicherheit, wie es weitergeht
Ein neuer Eisenbahntunnel soll die Kapazität auf der Strecke durch Oslo erhöhen und weniger störungsanfällig machen. Sowohl Regional- als auch Lokalzüge sollen ihn mit zwei verschiedenen Systemen nutzen können. 2034 hätte der Tunnel mit Gleisen fertig sein sollen. Jetzt ist die Zukunft ungewiss.
„Wir können noch nicht sagen, wie lange es dauern wird, bevor wir nicht wieder mit den Planungen beginnen. Doch mit jedem Jahr, das vergeht, wird es neue Verschiebungen geben‟, so Frimannslund.
Ausschreibung bereits vor einem Jahr
Die Arbeiten an dem Projekt laufen bereits seit vielen Jahren und wurden in 2019 und 2020 intensiviert. Im März 2020 kam es dann zur Ausschreibung des Beratungsvertrags. Stine Ilebrekke Undrum von Bane NOR erklärte: „Für die Beratungsbranche in Norwegen ist es eine unheimlich komplexe und spannende Aufgabe. Und vor rund einem Jahr haben wir mit der Präqualifizierungsphase begonnen.‟
Über den Sommer seien dann mehrere Angebote eingegangen, und der Vertragsschluss war für den Herbst vorgesehen. Die Auswertung der Angebote hatte Bane NOR jedoch nicht beendet, weil man auf den Projektvertrag mit der staatlichen Eisenbahndirektion Jernbanedirektoratet gewartet hatte. „Die Bindefrist für die Angebote läuft aber im März aus, daher mussten wir jetzt diesen Schritt gehen‟, so Undrum.
Heftige Reaktionen aus der Branche
In der Beratungsbranche gab es nach der Bekanntgabe heftige Reaktionen. Der Branchenverband Rådgivende Ingeniørers Forening (RIF) sprach von einem Skandal: „Wir möchten wissen, wie so etwas überhaupt möglich ist. Es handelt sich um eine massive Ressourcen- und Mittelverschwendung mit verheerenden Auswirkungen für den Wettbewerb rund um den Ausbau der norwegischen Bahn. Wir erwarten, dass das Verkehrsministerium diesen Skandal schnellstmöglich aufklärt‟, sagte die Geschäftsführerin von RIF Liv Kari Skudal Hansteen.
Ursache: Kein Vertrag mit Eisenbahndirektion
Hintergrund für die Absage ist, dass es Bane NOR nicht gelungen ist, einen erforderlichen Vertrag mit der Eisenbahndirektion in 2021 abzuschließen. Und das, obwohl der Staatshaushalt 150 Mio. NOK für 2021 für das Projekt vorsieht. Doch aufgrund von Kostensteigerungen und zunehmenden Eisenbahnpriorisierungen ist das Tunnelprojekt auf der Prioritätenliste der Direktion zurückgefallen.
Gorm Frimannslund: „Von Anfang an arbeitet Bane NOR an den Projekten unter Verträgen mit Jernbanedirektoratet. Einige laufen über mehrere Jahre, andere sind einjährig, dazu gehören fast alle Planungsaufträge. Doch weil wir in der Lage sein müssen, schnell zu produzieren, gehen wir hin und wieder mit Vergaben an den Markt, bevor die Verträge vorliegen. Leider birgt dies ein Risiko. In diesem Fall sind die Konsequenzen leider fatal.‟
Er erklärte, die Absage des Vergabeverfahrens zeige, dass das Modell von Bane NOR und Jernbanedirektoratet nicht funktioniert: „Wenn der Haushalt 150 NOK vorsieht, kann man davon ausgehen, dass das Projekt kommt. Doch in diesem Fall kam es nicht dazu, und in der Konsequenz haben sowohl wir als auch die Branche Zeit und Energie in einen Angebotsprozess verschwendet, der so nicht stattfinden wird.‟
Quelle: Byggeindustrin.no