Der Beschluss der dänischen staatlichen Bahngesellschaft Banedanmark, einen sehr großen Auftrag an das dänische Bauunternehmen Aarsleff zu vergeben, das formal nicht präqualifiziert war, muss jetzt vom Europäischen Gerichtshof geprüft werden, da es sich um einen Fall von prinzipieller Bedeutung handeln könnte.
Der Europäischen Gerichtshof muss klären, ob Banedanmark gegen geltendes EU-Recht verstoßen hat, als im Dezember 2013 einen Millionenauftrag im Rahmen des Neubaus der Eisenbahnstrecke zwischen Kopenhagen und Ringsted an die Per Aarsleff A/S vergeben wurde, obwohl dieses Unternehmen sich formal nicht präqualifiziert hatte.
Der Klageausschuss für Ausschreibungen hatte am 28. Januar in einem vorläufigen Schiedsspruch festgelegt, dass die dänische Bahngesellschaft gegen das Gleichbehandlungsprinzip der Sektorenrichtlinie. Diese Frage soll nun vom Europäischen Gerichtshof geprüft werden. Veranlasst hatte diese Klage der dänische Staat.
„Wir stimmen mit der Einschätzung des Klageausschusses nicht überein, finden aber dennoch, dass dieser Fall eine prinzipielle Bedeutung hat‟, so Kristian Hartlev, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Kammeradvokaten, die den dänischen Staat vertritt.
Klage findet Zustimmung
Bei dem Fall geht es darum, dass die staatliche Bahngesellschaft Banedanmark im Frühjahr 2013 für den größten Einzelvertrag des Projektes ein Joint Venture bestehend aus Aarsleff und Pihl präqualifiziert hat. Da Pihl im August Insolvenz anmelden musste, ließ die Bahngesellschaft, u.a. auf Anraten ihrer Rechtsanwälte, das Unternehmen Per Aarsleff A/S das weitere Ausschreibungsverfahren fortsetzen, was damit endete, dass Aarsleff das beste Angebot abgab und den Auftrag über knapp 1 Mrd. DKK (ca. 134 Mio EUR) erteilt bekamm.
Dies veranlasste das Joint Venture aus MT Højgaard und Züblin, das das zweitbeste Angebot abgegeben hatte, dazu, den Fall vor den Klageausschuss für Ausschreibungen zu bringen, wo sie in den meisten Punkten Recht bekamen. Der Klageausschuss stellte in seinem vorläufigen Teilurteil fest, dass die Bahngesellschaft aller Wahrscheinlichkeit nach gegen die Prinzipien der Sektorenrichtlinie zu Gleichbehandlung und Transparenz verstoßen habe, als sie zuließ, dass die Per Aarsleff A/S alleine statt dem Joint Venture Pihl-Aarsleff an der Ausschreibung teilnahm. Trotz des vorläufigen Urteils des Klageausschusses hat die Bahngesellschaft Banedanmark an dem Vertrag mit Aarsleff festgehalten, was möglich war, da der Klageausschuss die Klage keine aufschiebende Wirkung beimaß.
Bedeutung für den Markt
Nicht nur aus Rücksicht auf zukünftige vergleichbare Fälle muss dieser Fall nun vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt werden.
„Zunächst einmal stimmen wir mit der Einschätzung des Klageausschusses nicht überein. Hier wurde kein Anbieter übervorteilt, und der ganze Prozess war unserer Meinung nach höchst transparent‟, erklärt Kristian Hartlev. „Zum anderen hat diese Entscheidung eine große Bedeutung für den Markt. In den nächsten Jahren wird es zahlreiche große Infrastrukturprojekte in Dänemark geben mit einer Reihe von Konsortienbildungen, bei denen sich im Verlauf der Zeit etwas ändern kann, z.B. aufgrund von Insolvenz, Umstrukturierungen etc. Es ist daher enorm wichtig, solche Situationen, in denen Unternehmen aus den Konsortien übrig bleiben, die die Bedingungen für eine alleinige Präqualifikation erfüllen, wie eben im Fall Aarsleff geschehen, zu klären. Sinn der Ausschreibungsregeln ist ja nicht, die Konkurrenz zu verringern, sondern im Gegenteil zu erhöhen. Daher ist es wichtig, eine Auslegung des Gleichbehandlungsprinzips der Sektorenrichtlinie festzulegen‟, so Kristian Hartlev.
Großes Interesse
Bei der Bahngesellschaft Banedanmark ist man zufrieden, dass der Fall jetzt von der EU geprüft wird.
„Es liegt natürlich in unserem Interesse, einen Entschluss vom Europäischen Gerichtshof zu bekommen, sowohl rückwirkend als auch für zukünftige Situationen‟, erklärt der Leiter der Vertragsabteilung Niels Sørensen. „Rückwirkend, weil wir nicht finden, dass wir uns diesem konkreten Fall falsch verhalten haben, trotzdem jetzt aber große Schadenersatzforderungen an uns gestellt werden. Und für die Zukunft, da wir natürlich auch zukünftig wieder in vergleichbare Situationen kommen können.‟
Quelle: Licitiationen.dk
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